Die Spaltung der Gesellschaft – wir brauchen eine neue Mitte!

Wenn man so in die Medien (und bei den meisten wohl auch in das eigene Umfeld) schaut, kommt man irgendwie am Thema „Spaltung der Gesellschaft“ nicht vorbei.

Freundeskreise und Familien zerstreiten sich – es geht um Asylpolitik, um den Umgang mit dem neuen Virus, um die Teilnahme an einer Demo, um das Tragen von Masken.

Es gibt so viele Meinungen, und viele wiedersprechen sich diametral.

Und ich? Ich hab das Gefühl, dass ich überall dazwischen stehe.

Ich verstehe alle Seiten, naja, zumindest die meisten. Ich hab schon auch eine eigene Meinung, aber die behalte ich sehr oft für mich. Nicht, weil ich mich anpassen, oder es jemandem recht machen möchte – außer mir selbst natürlich.

Nein, ich respektiere die anderen einfach in ihren Ansichten und ihren Lebensentwürfen, und muss ihnen nicht auch noch meine Sicht der Dinge aufdrücken.

Ich kann total verstehen, dass ein Mensch mit Asthma keine Maske tragen will und kann. Man bekommt ja unter den meisten Masken wirklich schlecht Luft.

Ich verstehe aber auch, dass eine Freundin von mir, die jede Woche ihre über 90jährige Mutter im Altenheim besucht, auf keinen Fall das Virus abbekommen möchte. Schon allein aus Respekt zieh ich halt dann bei Bedarf eine Maske an, halte Abstand und wir treffen uns zum Spazierengehen im Freien.

Ich kann total verstehen, dass ein Mensch, der in der Veranstaltungsbranche arbeitet, wütend und enttäuscht ist, dass er am Rande seiner Existenz steht, und dass es schlimm ist, wenn man überhaupt keine Idee hat, wie es mit der Firma und dem gesamten Leben weitergehen soll. Ich verstehe sogar, dass so jemand am Ende die AfD wählt. Immerhin haben es die etablierten Parteien bisher nicht hinbekommen, dieser Branche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. (Die AfD natürlich auch nicht, aber sie ist nun mal eine Protestwahlpartei. Ich würde ja sagen, wenn schon Protestwahl, dann Martin Sonneborns Partei „Die Partei“, aber das ist eine andere Geschichte.)

Ich bin zwar gegen Feuerwerke und Fleischessen, aber ich rede niemandem in seinen Lebensentwurf hinein, zumindest nicht, so lange ich nicht danach gefragt werde.

Ich wünsche mir eine große, breite Mitte der Gesellschaft, die nicht nach Unterschieden, sondern nach Gemeinsamkeiten sucht.

Ob jemand eine Maske aufhat, ist mir persönlich echt egal. Ich schaue ja in das Gesicht hinter der Maske, in die Augen, in die Seele.

Und ob ich eine aufsetzen muss, ebenfalls. Wenn es gewünscht ist, mache ich es, wenn nicht, dann nicht. Ich hab auch Asthma, aber ich hab bei mir noch keine negativen Auswirkungen gemerkt. Und wenn es so wäre, würde ich für mich bestimmt auch Lösungen finden. Wenn mich der Bäcker nur mit Maske im Laden haben will, dann würde ich mir eben mein Brot selber backen. Und für Einkäufe im Supermarkt würde ich bestimmt jemanden finden, der für mich miteinkauft. Und wenn nicht, würde ich durchs Selberbacken so viel Geld sparen, dass ich die Ersparnis in einen Lieferservice investieren könnte. Es gibt für alles eine Lösung.

Ich mag so viele Menschen unterschiedlicher Couleur, politischer Ausrichtung, mit unterschiedlichen Hobbies und Lebensentwürfen. Und ich mag sie alle, egal, ob sie für oder gegen die Maske sind, ob sie Fleisch essen, kapitalistisch oder sozialistisch sind, christlich oder konfessionslos, monogam oder polyamor. Das ist mir doch wurscht.

Hauptsache, sie sind rücksichtsvoll, freundlich, kommunikativ und konfliktfähig. Das ist es doch, was entscheidend ist.

Das ist es doch, was auch im Großen eine ganze Gesellschaft ausmachen sollte: unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, die aber die Verhaltensweisen der anderen zumindest respektieren können. Es muss ja nicht jeder immer alles verstehen.

Können wir es denn nicht schaffen, eine neue Mitte, eine neue Balance zu finden?

Können wir nicht Andere einfach anders sein lassen, ohne uns gleich abwenden zu wollen?

Die Maske ist doch dafür ein schönes Bild: bei mir in der Praxis mache ich es so, dass ich einfach frage, wie derjenige es haben möchte, ob mit oder ohne. Und dann richte ich mich danach.

Nicht, weil ich mich klein machen möchte, oder weil meine Meinung nicht wichtig ist – sondern einfach nur, weil ich Rücksichtnahme als einen der wichtigsten Werte für eine funktionierende Gesellschaft ansehe.

Wenn alle auf alle Rücksicht nehmen würden, bräuchten wir nicht mal Straßenschilder, geschweige denn Polizei, Anwälte oder Richter. Wir wären einfach zusammen glücklich.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Roland

    Sehr schön geschrieben. Das Thema Spaltung der Gesellschaft mit all seinen Auswüchsen ist für mich um ein vielfaches schlimmer als dieses gepimpte Grippevirus. Ich denke hier wieder zu einer gemeinsamen Mitte zu finden wird ein sehr schwieriger Prozess. In vielen Menschen – auch in mir – ist dadurch mittlerweile sehr viel kaputtgegangen.
    Bis das wieder irgendwann wieder zusammenwächst…. wenn überhaupt.
    Fühl Dich gedrückt!

    1. Katrin Zwickl

      Lieber Roland, Du kennst mich. Ich bin unerschütterlich positiv und optimistisch. Alles wird gut. Lass Dich nicht in den diesen bescheuerten Strudel aus künstlichen Opfer- und Täterrollen hineinziehen. Wir dürfen uns nicht so spalten lassen. Wir alle sind Menschen. Wir alle wollen glücklich sein – das ist das, was wir alle gemeinsam haben.
      Lass Dich nicht verunsichern, bleib verzeihend, offen, freundlich. Höre zu, spüre, versuch mitfühlend zu sein. Jeder Mensch hat eine andere Geschichte, andere Ängste, andere Erfahrungen. Und trotzdem gehören wir alle zusammen. Es gibt ganz sicher ein wie auch immer geartetes übergeordnetes System, das uns alle noch weiter voneinander entfernen will. Aus vielen Gründen.
      Mach da nicht mit. Es gibt keine Schlafschafe und keine Erwachten, keine Verschwörungstheoretiker und keine Realos. Das sind alles konstrukte in unserem Geist. Lass Dich da nicht einwickeln. Bleib wach und sei einfach gut zu Dir, zu Deinen Nachbarn, Deinen Freunden. Alles andere wird sich finden. Ich drücke Dich sooooooo fest zurück!!!

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