Liebe Verbraucher,

zuallererst möchten wir Euch sagen: danke für Euren Brief. Danke, dass Ihr uns direkt angesprochen habt. Ihr wollt mit uns reden, und nicht über uns – das finden wir richtig gut.

Wisst Ihr eigentlich, wieso wir am Limit produzieren müssen? Vom bayerischen Bauernverband gibt es eine interessante Grafik. Sie führt einzelne Produkte auf, und zeigt nicht deren Preise, sondern die Beträge, die letztlich bei uns Landwirten ankommen.

Für eine Halbe Bier braucht es Hopfen und Braugerste. Pro Halbe bekommt ein Landwirt ungefähr 0,04 Cent. Für ein kg Brot 0,16 Cent, bei einer Bratwurstsemmel kommen 0,21 Cent am Ende bei uns an.

Wir finden, das sind Dumpinglöhne. Wir finden, wir müssen auch von irgendwas leben. Ihr denkt jetzt vielleicht gleich an die Subventionen, die wir bekommen. Wisst Ihr eigentlich, wie unglaublich viel Arbeit in der Beantragung steckt? Und dass wir einen Großteil des Papierkrieges tatsächlich machen müssen.

Macht jemand von Euch gerne seine Steuererklärung? Gegen unsere Formularflut ist eine Steuererklärung ein Witz.

Wir haben das Gefühl, dass mit Eurer Unwissenheit fast schon Hetze auf die Landwirte betrieben wird, dass in der Politik Leute über uns entscheiden, die von der Sache wenig bis keine Ahnung haben, dass wir irgendwie immer die Buhmänner sind.

Und ja, wir sind wirklich wütend.

Und nein, wir wollen nicht, dass alles bleibt, wie es ist. Wir wollen auch Veränderung, aber wir finden halt auch, dass wir nicht immer die Deppen sein sollten auf der Suche nach Lösungen.

Jetzt möchten wir Euch mal was sagen: wusstet Ihr, dass vor allem in Deutschlands Großstädten die Kanalnetze total marode sind? Dass von da aus ebenfalls das Grundwasser verunreinigt wird?
Dass viele Kläranlagen in Flüsse einleiten? Wir haben immer das Gefühl, dass sowas nicht öffentlich gemacht wird, weil das viel mehr Geld kostet, als den Bauern das Düngen zu verbieten. So fühlen wir uns nämlich – von allen Seiten unter Druck und als würden wir immer den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen.

Unsere Pflanzen brauchen Nahrung, deswegen müssen wir sie düngen. Und auch der Boden braucht Nahrung – die Mikroorganismen im Boden wollen auch was essen.

Es müsste einfach möglich sein, seine Kulturen so zu düngen wie deren Nährstoffbedarf ist. Ist ja eigentlich logisch meinen wir.

Es gibt einen N-Sollwert für jede Kultur nach der man sich orientieren kann. Nach der neuen Düngeverordnung muss man im „roten Gebiet“ ab 2021 20% darunter bleiben. Also die Pflanze hungern lassen. Das ist in unseren Augen absoluter Schwachsinn und hat nichts mit Fachwissen zu tun. Das ist Populismus-Politik und Ideologie. So empfinden wir das.

Das Problem ist einfach, dass die Politik vor Jahren oder Jahrzehnten das schon verschlafen hat. Jetzt „wo das Kind schon in Brunnen“ gefallen ist, wird irgendein Unfug auf die Schnelle durchgedrückt – das ist zumindest unsere Wahrnehmung.

Eine Lösung, die für alle passt? Das wird schwierig. Alles ist schwierig, wir leben wirklich in problematischen Zeiten. Aber lasst uns doch zumindest im Dialog bleiben. Das ist auf jeden Fall schon mal ein Anfang.

Danke für den Austausch, und vielleicht versteht Ihr uns ja jetzt ein bisschen besser.
 

Liebe Grüße,

Eure Landwirte

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Ilse

    Sehr verdienstvoll, hier einen Dialog in Gang zu bringen. Ich hoffe, er geht noch weiter und bleibt so sachlich und freundlich

  2. Roland

    Ich verstehe die Situation und Argumente sehr gut, ist alles nachvollziehbar. Aber irgendwie find ichs schon auch auf ziemlich hohem Niveau gejammert, wenn man sich über den administrativen Aufwand bei der Beantragung von Subventionen aufregt. Man sollte bedenken wie viele andere Branchen es gibt, die gerade in der aktuellen Zeit ums Überleben kämpfen ohne mit Subventionen unterstützt zu werden.
    Just my 2 cents…

    1. Josef

      Es geht doch nicht um den Aufwand bei der Beantragung für Ausgleichszahlungen, sondern überhaupt über die Riesen Welle von Bürokratie für nichts. Viele Sachen muss man doppelt machen, weil es keine Vernetzung der verschiedenen Behörden gibt. Mit Gejammer hat das gar nichts zu tun. Sinnfreie Arbeit macht niemand gerne.
      Übrigens ist die Landwirtschaft auch sehr stark von der aktuellen Lage betroffen auch wirtschaftlich. Wir wissen genau wie das ist.

      Gruß Josef

  3. Katrin Zwickl

    Wisst Ihr was? Ich finde es ja so cool, dass endlich mal ein echter Austausch stattfindet! Ich danke Euch allen von Herzen dafür, dass wir endlich anfangen, miteinander zu reden!
    Dass wir feststellen, dass wir ja viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede haben!
    … das war eines meiner größten Ziele, dass wir endlich anfangen, uns gegenseitig als menschliche Wesen zu sehen, dass wir unterschiedlicher Meinung sein, aber uns trotzdem gegenseitig noch zuhören können!
    Danke an Euch alle!

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